28. März 2023

Von Ruben Weyringer

Tiefe Wurzeln – weite Krone: eine kleine Pfarrgeschichte

In 38 Jahren hat sich in unserem Pfarrverband eine Entwicklung von 541 Jahren umgekehrt, zumindest was die Pfarrstruktur anbelangt.

Es dauerte über 5 Jahrhunderte, von 1243 bis 1784, dass aus jedem der 4 Orte eine selbstständige Pfarre wurde. Oft war dies nur unter großem Aufwand und Opfern möglich. So schreibt Kanonikus Lahnsteiner (Oberpinzgau S. 201) über den ersten Priester, der aus der Gemeinde Krimml hervorging:

„Franz Lerch, geboren 1710, Sohn des Wirtes Dominikus Lerch und der Margareth Preuerin, feierte 1733 auf dem Wirtsfeld unter ungeheurem Jubel der Krimmler und großem Zulauf von Oberpinzgau Primiz. Er wurde Festungskaplan in Salzburg, hat sein Lebtag gespart und schließlich seine ansehnlichen Ersparnisse von 4000 Gulden 1784 zur Gründung eines eigenen Vikariats in seiner Heimat Krimml hingeopfert und damit sein Ziel erreicht“.

Dass aus dem Oberpinzgau von Bramberg bis Krimml wieder eine organisatorische kirchliche Einheit wurde ging ungleich schneller, nämlich von 1984 bis 2022. Auch spirituell sind wir schon mittendrin, näher zusammen zu wachsen. Wobei dies aber natürlich länger braucht als ein Verwaltungsakt auf dem Papier.

Die Entwicklung der Pfarren Bramberg, Neukirchen, Wald und Krimml von 963 bis heute

Hier ein Überblick über die Eckdaten unserer 4 Gemeinden/ Pfarren einst und jetzt (Anmerkung: der Einfachheit wegen unterscheiden wir hier nicht zwischen Vikariat und Pfarre). Weiter unten ein historisches Blitzlicht aus dem Jahre 1953 und dann eine ausführlichere Kirchengeschichte des Pinzgaus von Prälat Roland Kerschbaum.

963: Pfarrerrichtung der Mutterpfarre des Oberpinzgaus Stuhlfelden

1243: Bramberg wird zur Pfarre, Hollersbach bis Krimml gehören dazu

1555: Neukirchen wird eine eigene Pfarre, Wald und Krimml werden von Neukirchen aus kirchlich betreut

1675: Wald wird ein eigene Pfarre, Krimml wird von Wald aus seelsorglich und gottesdienstlich versorgt

Foto rechts: Frauen in Tracht anlässlich der Firmung 1915 in Krimml durch Erzbsichof Balthasar Kaltner

1784: Krimml wird zur selbstständigen Pfarre und hat für genau 200 Jahre einen eigenen Priester vor Ort

1984: Nach dem Tod von Bruno Mack, des letzten Pfarrers, der nur für Krimml zuständig ist, werden Wald und Krimml wieder gemeinsam von einem Priester, Ludwig Angerer, betreut

1994: Nach dem Weggang von Hermann Fuchs kommen Wald und Krimml wieder zu Neukirchen unter Pfarrer Josef Zauner

2022: Wir sind strukturell fast wieder im Jahre 1243 angelangt: Bramberg, Neukirchen, Wald und Krimml bilden einen Pfarrverband. In diesen fast 800 Jahren ist Vieles gewachsen, was auch im neuen Pfarrverband weiterleben möge!

Diakon Ruben Weyringer

Ein historisches Blitzlicht: Erzbischof Rohracher in Wald zu Firmung und Visitation, Bischofsreiten

Aus der Walder Pfarrchronik von Pfarrer Karl Schwaighofer (links von Erzbischof Rohracher) anlässlich der Visitation und Firmung durch Erbischof Rohracher 1953, welche auf den Fotos oben dargestellt ist:

Am 8. Mai war der Gnadentag der hl. Firmung u. der canon. Visitation durch den Oberhirten, Erzbischof ANDREAS. Das Volk bot alles auf, auf landläufige Art seine Glaubenstreue zu demonstrieren: Vorreiter, Höhenfeuer, Ortsbeleuchtung. Der Oberhirte zeigte eine wunderbare Milde u. Güte in der Beurteilung der Seelsorgl. u. religiösen Situation […]

Wiesberg Rosl verfaßte dem hohen Gast zu Ehren ein kleines Gedicht:

 

„Unser Bischof ist ein Kinderfreund,

ein guter, rechter Mann,

ein zweiter hl. Nikolaus,

das kennt man ihm schon an.

 

Ganz freudenvoll mit Glockenklang

Dich Wald will kommen heißt,

und Kinderherzen bitten Dich

um die Gaben des hl. Geist.

 

Wir geben unser Sträußlein hin

Als immertreues Pfand

Und viele Grüße auch hinein

in Deine Bischofshand“

Die Kirchengeschichte des Pinzgaus

(Aus einem Vortrag von Diözesankonservator Domkapituoar MMMag. Dr. Roland Kerschbaum über die Sixtkapelle in Wald (2011). Von Prälat Kerschbaum dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt.)

 

Beginn des Christentums im Pinzgau

Wann das Christentum in unserem Lande Fuß gefasst hat, lässt sich nicht mit Genauigkeit festlegen. Sicher kam die neue Lehre bereits im 3./4. Jahrhundert durch Kaufleute, Händler und das Militär in unsere Heimat, die damalige Provinz Noricum. Ein erstes schriftliches Zeugnis des Christentums ist das Martyrium des heiligen Florian in Enns 304 (erster namentlicher Christ im heutigen Österreich) und die Vita Sancti Severini über das Leben des heiligen Severin (gestorben 482), die von christlichen Gemeinden im heutigen Salzburg und Kuchl berichtet. Eine flächendeckende Christianisierung des Landes wurde wohl erst in bajuwarischer Zeit im 8/9. Jahrhundert vollzogen. Fest steht, dass die Maximilianszelle in Bischofshofen einen wichtigen Stützpunkt der Missionierung der Gebirgsgegenden dargestellt hat. Für den Pinzgau wird immer die missionarische Tätigkeit des Bischofs und Abtes Vitalis als Nachfolger des hl. Rupertus ins Spiel gebracht.

Das Christentum im Pinzgaus nach der Jahrtausenwende

Grabungen in der Mutterpfarre Stuhlfelden von 1986 haben einen ersten steinernen Kirchenbau bereits für diese Frühzeit ergeben (8.-10. Jahrhundert), der auf Felsfundament errichtet war und wahrscheinlich einen hölzernen Vorgängerbau abgelöst hat. Ab der Jahrtausendwende entsteht dann allmählich unser heutiges Pfarrnetz, wo einer Kirche und einem Pfarrer ein bestimmtes Seelsorgsgebiet mit seinen Einwohnern zugeteilt wurde. Mutterpfarre für einen Großteil des heutigen Oberpinzgaus ist die Pfarre Stuhlfelden. Der Name ist erstmals 963 urkundlich bezeugt, 1160 erfahren wir erstmals von einem Heinricus parrochianus. Weitere Bedeutung erlang Stuhlfelde neben anderen Orten in einer päpstlichen und erzbischöflichen Urkunde aus den Jahren 1216/17. Im Zuge der Gründung des Bistums Chiemsee kommen nunmehr Einkünfte aus Stuhlfelden dem neu errichteten Bistum zugute, dem Bischof steht wohl außerdem das Präsentationsrecht zur Ernennung eines Pfarrers von Stuhlfelden zu. Der Chiemseer Zehentkasten an der Friedhofsmauer erinnert bis heute an diese finanzielle Verbindung zu diesem Bistum. Interessant in der Urkunde von 1217 ist eine Notiz zum Seelsorgsklerus in Stuhlfelden, das damals das Gebiet ausgehend von der Walcher Einöde bis nach Krimml umfasste. Für diese Pfarre und seine Filialkirchen sollten nunmehr nur mehr 5 Priester angestellt sein. Bereits Mitte des 13. Jahrhunderts erfolgte dann die Verkleinerung des Pfarrsprengels durch die Gründung der Pfarre Bramberg. 1395 ist erstmals eine Kirche in Wald als Filiale von Bramberg bezeugt.

Kirche im Pinzgau im 16. bis 18. Jahrhundert

Die folgende Zeit vom 16. bis ins beginnende 18. Jahrhundert war alles andre als eine ruhige kirchliche Zeit im Land. Neben vielen politischen und wirtschaftlichen Krisen stellte auch die Reformation und ihre Auswirkungen ein ernstzunehmendes Problem dar, was hier nur in Kürze gestreift werden kann. Eine erste grobe Visitation 1523 bemerkt zu Bramberg uns seinen Filialen: Der Pfarrhof ist ruinös, der Gesellpriester ein Konkubinarier mit vielen Kindern, der Pfarrer von Bramberg betreibt im Pfarrhof eine Weinausschank. Eine weitere Visitation der Gebirgsgaue 1528 lieferte noch ein relativ ruhiges Bild: Kurz nach Ende des Bauernkrieges waren die Menschen skeptisch gegen die kirchliche Obrigkeit und Ordnung. Kritisiert wurden die unverständlichen Predigten der manchmal schlecht gebildeten Geistlichen, ihr Konkubinat und vereinzelt auch der Weinausschank in Pfarrhöfen. Feiertage und Fastenzeiten wurden noch eingehalten, vereinzelt gab es protestantische Bücher, zudem beklagten die Zechpröbste aber einen Rückgang der Einkünfte. In Bramberg hat 1528 der Kaplan seine Konkubine auf Anraten entfernt, der Pfarrer war wegen seiner Weinschenke in Salzburg angezeigt und ermahnt worden. Er rechtfertigte sich aber, dass er diesen Nebenverdienst zur Entlohnung der Hilfspriester benötigen würde, Einnahmen der Kirche sinken, Zehent muss an den Chiemeer Bischof abgeliefert werden. Man möge deshalb „ein gnediges einsehen zue thuen.“

Im Bericht von 1555, bei der ersten flächendeckenden Visitation der Gebirgsgaue, stellte sich die Lage bereits dramatischer dar, die Zahl der Priester war um ein Drittel zurückgegangen, wobei die Lage im Oberpinzgau insgesamt besser wie im Pongau gewesen ist. Aufgrund des Priestermangels konnten auch hier nicht mehr alle Messverpflichtungen erfüllt werden. Immer beklagt wurde das sogenannte Auslaufen, das Besuchen von Gottesdiensten in den habsburgischen Erbländern (Gosau, Haus im Ennstal) und auch der Kontakt zu ausländischen Hausieren, Brotträgern etc. In der Vorbereitung der Provinzialsynode berichten die Pfarrer der Gebirgsgaue, auch der Bramberger an die erzbischöfliche Regierung von den Missständen: Rückgang der Einkünfte und Kollekten, daher kaum Geld für Bezahlung der Hilfspriester, Beichtgeld nur ein bis 2 Pfennige, es gibt Gläubige, die nicht mehr zur Osterkommunion gehen, „aus dem landt lauffen und ausser desselben communizieren“… Man beklagt sie Nachlässigkeit beim Kirchenbesuch, nur ein Teil bleibt bei der Predigt, beim Amt die wenigsten. Freilich waren auch nicht alle Priester leuchtende Vorbilder.

Hexenprozess gegen Pfarrer und Köchin und Protestantenvertreibung

Ein dunkles Kapitel der Oberpinzgauer Kirchengeschichte soll hier erwähnt werden, der Hexenprozess gegen den Bramberger Pfarrer Ruprecht Ramsauer und seine Köchin Eva Neidegger in den Siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts, beide waren damals weit über 70 Jahre alt. Hauptsächlich angeklagt wegen Wetterzaubers war die Köchin, der Mesner nannte sie „ein bös grimmigs rächigs Mensch, das die meist Weil Zürne, schelte und flueche“. Vielleich war sie kein handsamer Mensch, aber in einem Zeitaltes des Aberglaubens und der Unkenntnis natürlicher Zusammenhänge reichte oft ein Verdacht zu Verurteilung. Der Pfarrer verteidigte seine alte Dienerin, wurde selbst angeklagt, schließlich wurden beide am 18.3.1575 in Mittersill verbrannt.

Trauriger Höhepunkt der religiösen Spannung war in Salzburg schließlich die Ausweisung der Protestanten der Gebirgsgaue in den Jahren 1731/32, von der rund 20.000 Personen betroffen waren (50% der Gesamtbevölkerung des Pongaus), wobei nur wenige aus dem Oberpinzgau ausgewandert sind.

Erneuerung des Glaubens im 17. und 18. Jahrhundert

Besonders im ausgehenden 17. und 18 Jahrhundert bemühte man sich dann fortwährend um die religiöse Erneuerung des Glaubens. Neue Seelsorgestellen sollten das religiöse Leben vor Ort steigern und reformieren, so wurde bereits 1555 ein neues Vikariat Neukirchen gegründet, zu dem Wald fortan gehörte, ehe es 1675 formal als Vikariat und 1891 als Pfarre gegründet worden ist. Auch die Bruderschaften stellten hierbei ein wichtiges Instrument dar, sie waren die ersten Laienbewegungen der Kirche, die Sparkassen der Kirchen und Verbände für das zeitliche und ewige Heil der Menschen, zudem konnte man bis Mitte des 18. Jahrhundert nur in einer Bruderschaft einen vollkommenen Ablass erlangen. 1722 wurde in Wald eine Dreifaltigkeitsbruderschaft gegründet. Die Seelsorger bemühten sich vor allem die Kinder zum religiösen Leben anzuhalten, ihr Interesse wollte man teilweise heben, indem man ihnen Preise für religiöse Übungen verheißen hat (Bilder und Rosenkränze).

Der Pinzgau udn die Pfarre Wald in gedruckten Publikationen

Im ausgehenden 18. Jahrhundert taucht Wald und die Sixtkapelle dann erstmals in gedruckten Publikationen auf:

-Reisigl Topographie von Pinzgau 1786

-Hübner Topographie des Erzstifts 1796: S. 591: Vikar und Koadj. samt Kirchen, besonders Charakteristik der Pinzgauer!

-Graf Spaur: Reise durch Oberdeutschland 1800

-Pillwein: Herzogtum Salzburg 1839

-Kürsinger: Oberpinzgau 1841: S Infos zum Mesnerhaus erbaut bereits 1588 zum Auf- und Zusperren der Kirche S. 136

-Dürlinger: Pinzgau 1866: allg. Wald 378 oben Sixtuskapelle S 382

-Greinz: sociales Wirken 1898 S 200

Dankbar für das Heute

Dieser Ausflug in die bewegte Geschichte mit ihrem Auf und Ab lässt manche Parallelen zur Gegenwart erkennen und macht doch auch zugleich wieder dankbar für das Heute. Denn die manchmal so genannte „gute alte Zeit“ war eine, in der die wenigsten etwas zu lachen hatten. So passt auch ein Spruch, den ich einmal auf meinem Kalender gefunden habe:

„Warum es Menschen heute schwer fällt, glücklich zu sein? Weil sie die Vergangenheit besser sehen als sie war, die Gegenwart schlechter als sie ist und die Zukunft herrlicher als sie sein wird.“ (Marc Pagnol)

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