Wir befinden uns mitten in der Fastenzeit. Das Fasten hat eine äußere Seite, wie etwa Verzicht auf Nahrung, und eine innere Seite, die unser Herz, unsere Seele betrifft. Beides gehört zusammen. Am Aschermittwoch, dem Beginn der Fastenzeit, war in der zweiten Lesung zu hören: „Wir bitten an Christi Statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!“ (2 Kor 5,20). Der Apostel Paulus spricht auch uns diese Worte zu.
Ich möchte dieses Thema der Versöhnung, das schon zu Beginn der Fastenzeit angeklungen ist, aufgreifen und mit euch darüber nachdenken. „Versöhnung“ ist für mich manchmal eine sehr große Herausforderung. Ich schreibe also über dieses Thema, nicht weil ich so gut darin bin, sondern weil ich merke und spüre, dass es so wichtig ist. Ein paar Dinge, die mir dabei helfen, möchte ich mit euch teilen.
Ehrlichkeit ist ein erster Schritt, wenn es um Versöhnung geht. Manchmal kann es uns passieren, dass wir nicht wirklich auf dieses Thema schauen. Jede Verletzung tut weh und so wie es bei einer Wunde am Körper ist, so ist es auch mit jeder Wunde in der Seele, sie tut weh. Schmerz bewusst anzuschauen und zuzulassen ist nicht leicht. Es fällt uns leichter ihn zu verdrängen, wegzuschieben oder so zu tun als ob eh alles passt. Vielleicht haben wir als Kind gelernt uns ordentlich zu benehmen, brav zu sein auch dann, wenn in uns die Gefühle hochgestiegen sind und Schmerz da war. Was als Kind möglicherweise in manchen Situationen angemessen war, kann als Erwachsener Versöhnung und Heilung verhindern. Nämlich dann, wenn wir meinen wir müssten vorgeben, dass alles OK ist, das es schon passt, obwohl das nicht stimmt. Der erste Schritt zur Versöhnung und Heilung ist also Ehrlichkeit. Wenn Verletzung passiert ist, so ist es hilfreich, ehrlich die eigenen Gefühle und auch die Situation wahrzunehmen.
Als Christen fällt uns Versöhnung möglicherweise nicht unbedingt leichter wie Anderen. Aber wir können uns bewusst machen, dass wir in die himmlische Realität eingebettet sind. Das Blut, das Jesus am Kreuz für uns vergossen hat, ruft nicht nach Rache, sondern nach Versöhnung. „Er vereinigte die beiden Teile (Juden und Heiden) und riss durch sein Sterben die trennende Wand der Feindschaft nieder.“, so formuliert es der Apostel Paulus im Epheserbrief. Die trennende Wand der Feindschaft ist meist unsichtbar aber sehr real. Manchmal ist sie da zwischen uns und Gott, oder zwischen uns Menschen, oder sogar in uns selber. Wenn uns etwas triggert, also plötzlich starke Emotionen ausgelöst werden, kann es sein, dass eine Verletzung dahinterliegt und dadurch eine Wand aufgebaut wurde. Genau dort ist es gut sich der himmlischen Wirklichkeit bewusst zu werden: Jesus möchte auch unsere trennenden Wände niederreißen.
Abschließend noch vier Schritte auf dem Weg zu Versöhnung und Heilung
1. Der Person von Herzen vergeben, was sie mir angetan hat.
2. Die Person so annehmen, so wie sie ist und nicht so, wie ich sie haben möchte.
3. Gott dafür danken, dass diese Person so ist, wie sie eben ist und nicht so, wie ich sie haben möchte.
4. Dann kann ich beten: Herr, dein Wille geschehe mit ihr/ihm!
Mit diesen vier herausfordernden Schritten habe ich mich vor kurzem auf Exerzitien beschäftigt. Ich spüre, dass viel Potential drinsteckt und darum möchte ich sie euch mit auf den Weg geben. Für diese Fastenzeit und das kommende Osterfest wünsche ich euch und euren Familien viel Heiligen Geist, der uns zu lebendigen Menschen macht!
Euer Pfarrer Christian.