24. März 2022

Von Ruben Weyringer

Pfarrer Martin Hölzls Vermächtnis

Pfarrer Martin Hölzl’s goldenes Priesterjubiläum 1943

Pfarrer Martin Hölzl, gebürtig zu Mauterndorf , war von 1911 bis 1930 Pfarrer von Krimml. Er war ein großer Musiker (Gitarre), der unter anderem das Lied „Gott griaß enk Leitl“ bekannt machte und drei Liederbücher herausgab. Nach seiner Zeit in Krimml war er bis zu seinem Tod 1956 Barmherziger Bruder mit Namen Pater Vital. 1943 reiste eine kleine Gruppe (Pfarrer, Altbürgemeister, Organistin und Pfarrerköchin) mit dem Zug von Krimml nach Wien um ihn zu seinem goldenen Priesterjubiläum zu überraschen. Die Überraschung ist geglückt, die Reise war ein Abenteuer.

Hier findet ihr einen Bericht von diesem Abenteuer und dann einen Text von Pfarrer Martin Hölzl anlässlich seiner 50 Priesterjahre. Vielleicht so etwas wie sein Vermächtnis.

Diakon Ruben Weyringer

Oben: Die Primiz von Pfarrer Johann Achorner 1915 in Niedernsill, unten das 40 Jahr Jubiläum seiner Weihe in Krimml mit dem „Bräutchen“ Lisi Frauenschuh. P. Achorner schrieb über das zweite Foto: „O quae mutatio rerum, O die Dinge ändern sich.“ P. Achorner wurde 1892 in Niedernsill geboren und verstarb 1968 als Pfarrer in Ruhe in Krimml.

Aus der Krimmler Pfarrchronik, Jahr 1943, Pfarrer Johann Achhorner (Pfarrer in Krimml von 1941 bis 1955)

  1. August. Der Pfarrer reist mit einer kleinen Abordnung nach Wien zum goldenen Priesterjubiläum des h.h.P. [=hochwürdigester Herr Pater] Vital Martin Hölzl, ehemals durch 19 Jahre (1911-1930) Pfarrer von Krimml. Es reisen mit: Stefan Lerch, Veitenbauer, als Altbürgermeister, Elisabeth Kammerlander, Organistin, u. Rosa Hofer, Pfarrwirtschäfterin, als Schülerinnen des Jubilars.

In Salzburg erfuhren wir abends, daß nachm. der erste Fliegerangriff auf österr. Gebiet erfolgt sei (Wienerneustadt).

  1. August. Wir konnten alle 4 in St. Andrä übernachten. Abfahrt nach Wien: 8h mit Personenzug (wegen stärkster Überfüllung u. großer Verspätung der Schnellzüge).

Um ½ 7 abends kamen wir in Wien an. Die Bruder Sekretär der Barmh. Brüder holte uns auf dem Westbahnhof ab. Ein Taxi brachte uns zu den Barmh. Brüdern Wien II/27. Taborstraße 16. Nach ein paar Minuten Warten in einem Hof des großen Gebäudes führte P. Provinzial u. P. Prior den guten P. Vital [=Martin Hölzl]zu uns. Die Überraschung war vollkommen gelungen. Der Jubilar hatte keine Ahnung, daß von Krimml wer kommt. Auch der Mörtltoni, der ihn um ¼ Stunde vorher auf der Rückreise zur Eismeerfront besucht, hatte nichts verraten. Durch eine glückliche Fügung (Zugsverspätung) konnte Toni (Anton Scharr) am 15.8. die vormittägige Jubelfeier mitmachen.

  1. August. Fest Mariä Himmelfahrt. In der schönen Kirche der Barmh. Brüder um 8h der feierliche Jubelgottesdienst. Zur Festpredigt hatte P. Provinzial mich eingeladen. Ich wollte zunächst nicht, sagte aber dann doch zu, weil ich für den lieben Freund Hölzl sonst auch kein rechtes Jubiläumsgeschenk hatte.

Thema: der Jubilar hat von Gott einen Sendbrief erhalten für die Kinder, Armen und Kranken.

Eine große alte Festmesse wurde aufgeführt. Die Festfeier im prachtvollen Rahmen dieses Gotteshauses hat auf uns Krimmler tiefen Eindruck gemacht.

h.h. Matthias Praxmayr, Pfarrer i.R., Mitschüler von Pfarrer Hölzl u. ebenfalls Jubilar, früher durch 20 Jahre Seelsorger des Wiener Versorgungshauses in Lainz, nun Benifizient in Sighartstein, hat uns dann zum Stefansdom u. zur Hofburg geführt.

Um 12h Festmahl mit Ansprachen an den Jubilar u. dessen kindlich-lieber Erwiderung. Nachmittags führte uns Br. Otto, ein alter Bekannter, nach Schönbrunn.

Abends 8h intime Jubelfeier im Brüderkreise (siehe Beilage).

Zuletzt sang der Jubilar, der sich eher verjüngt hat statt gealtet zu sein, lustige Lieder zur Guitare – zumeist aus seiner Liedersammlung „Lach’n u. rearn“.

  1. August. 4.15h habe ich zelebriert. Meine Begleiter empfingen die Hl. Kommunion. Um 6h waren wir auf dem Bahnhof. Nach durchgehen des ganzen langen Schnellzuges fanden wir im allerletzten Waggon III. Kl. endlich Sitzplätze mit Fahrkarten II. Kl. Na, besser 3Kl. sitzen als 2. Kl. von Wien bis Zell a. S. stehen.

Im Zug erzählt man uns vom Fliegerangriff auf Wienerneustadt – vollkommen überraschend, keine Abwehr. Alarm u. Bomben fast gleichzeitig, über 100 Tote * (*Später erfuhr ich aus W. Neustadt: 374 Tote, noch mehr Verletzte. 3000 Obdachlose. Schrecklich!). Flugzeughallen, an denen 5 Jahre gebaut wurden, in 5 Minuten zerstört.

½ 9 abends wieder glücklich daheim.

Wie ich höre, ist auch in Krimml die Festfeier am 15.8. als Jubiläum des Pfr. Hölzl schön verlaufen. H. Stadtkooperator Völk hat, wie mir berichtet wird, eine sehr schöne Priesterpredigt gehalten.

Lieber sacerdos jubilus, Deus benedicta introitum tuum et exitum tuum bis zur äußersten Grenze seines gottgesegneten, priesterlichen Lebensabends.

Deo gratias! Deo gratias! Deo gratias!

Ein tausendfaches Vergeltsgott den Barmh. Brüdern besonders dem P. Provinzial Alanus Neulinger für die der Krimmler Deputation erwiesene überaus gütige u. weitgehende Gastfreundschaft.

Eine Kostprobe aus dem jüngsten Schrifttum von Pfarrer Hölzl.

Bild oben: Pfarrer Martin Hölzl mit seinen Eltern Martin und Helene vor dem Pfarrhof Krimml. Es folgt die „Kostprobe“ von Pfarrer Martin Hölzl.

Abschied am 31. Dezember.

Mein Jubiläumsjahr ist vorüber.

Jetzt winkt nahe mir das ewig goldene.

Ich freue mich.

Wieso freue ich mich? Darf ich mich freuen?

  1. Christus wohnt in den Seelen aller Menschen, welche im Gnadenstand sind.

Christus wohnt auch in meiner Seele. Ich muß ihn nur noch bis zu meinem Sterben in meiner Seele leben lassen, sich in meiner Seele ausleben lassen; das will ich auch, das werde ich auch. Er hilft mir dabei.

 

  1. Das heiligsein verlebt sich nicht bei jeden Menschen „Im Rufe der Heiligkeit“, nein. Das heiligsein nimmt sich bei den verschiedenen Menschen verschieden aus, je nachdem der Mensch „veranlagt ist“.

„Wie der Mensch verlangt ist“ sage ich. – Nämlich, der eine ist lebhaft, munter siehst ihms gleich vom Gesichte an, immer willig, immer sonnig wie sein Engel.

Ein anderer ist mehr traurig, – sein Gang schon, sein ganzes Benehmen, immer so niedergeschlagen, als hätte ihn jemand beleidigt, – als wär ihm dies und jenes nicht recht, schlaff, nuja, „nix zu machen“.

Der dritte ist steif wie ein Stück Holz, anschafferisch, „er – und sonst niemand“, hart.

Der vierte, dem ist wieder alles gleich, „geht die Welt glei morgen a unter, däs tut ihm gar nix scheniere.“

Aber in alle diese verschiedenen Menschen – Naturelle, Temperamente heißt mans. – lebt sich der Christus hinein, in allen diesen lebt er sich aus – ; das heiligsein nimmt sich in ihnen nur verschieden aus, je nachdem also der Mensch veranlagt ist.

Diese vier „Heiligen“ gäben aber übrigens ein ganz mattes Bild; wenn wir sie aufgezeichnet vor uns hätten, müßten wir wohl sogar lachen.

 

  1. Heilig sind sie alle vier, weil der gleiche Christus sich in ihnen auslebt, im einen wie im anderen, nur verschieden ausnehmen tut sichs (und beim Zwiederling schon fast gar nicht).

Das ist so wie bei einem Transparent.

Dasselbe Licht scheint durch das blaue Seidenpapier blau durch, durch das rote rot, durch das grüne grün, also verschieden.

Oder nehmen wir die Luft. Du pfeifst in die Flöte Luft hinein – und es gibt diesen Ton. Mit dieser gleichen Luft blasest du in eine Bombardon, und es tut wieder anders.

Und bei mir – nimmt sich’s halt so aus, oder gar nicht; was kann ich dafür, wenn mich der liebe Gott halt so veranlagt hat?

 

  1. Das gescheitste ist es, „Freund ich bin zufrieden“.

Die Hauptsache ist, daß er da ist, der Jesus.

Die Pauken sind nicht herb, daß sie nicht so tönen wie die Trompeten. Das Veilchen kränkt sich nicht, daß es nicht blüht wie die Rose, und die Rose betrübt sich nicht, weil sie nicht so groß ist wie die Zeder, – als ob sie es wüßten, daß der liebe Gott sie so erschaffen hat.

Ich weiß es, daß er mich so erschaffen hat und bins zufrieden. Oder

 

  1. Soll ich nicht zufrieden sein, wie Gott mich erschaffen hat, und andere nachmachen, andere nachmachen, die er anders veranlagt hat als wie mich? – Soll ich auch so gehen wie sie? Auch den Kopf immer so auf die Seite halten und recht buklert daherkommen wie sie? auch so nichts sagen und recht markig dreinschauen wie sie? und beim beten auch so jammern und singen und seufzen, immer wieder sich verneigen und ungeheuerliche Kniebeugen machen und Sachen – und auch dabei meinen, darin besteht die Frömmigkeit und Heiligkeit?

Nein. – Ich habe gesehen, wie sie ruhige vernünftige Menschen mit ihren Übertreibungen ärgern, ihnen das Kirchengehen verleiden, sie aus der Kirche hinausekeln.

Übermaß (Hypertrophie), übertreiben ist nämlich schwerer zu ertragen als wie das Untermaß.

Also nein, das will ich nicht. Habe mir sagen lassen nur keine Übertreibungen! Nur keine Auffälligkeiten! Nur nichts Außerordentliches und Außergewöhnliches!

Das nimmt sich pharisäisch aus, und der Heiland mag die Pharisäer nicht.

 

  1. Jeder ordentliche Musiker bringt aus seinem Instrument schon was heraus,

so auch aus mir der Heiland.

Ich bitt ihn: „Mache auch mich wunderbar Zusammenstimmen zum großen Orchester „Jesus, dir zu lieb, wenns manchmal auch noch so hart ist.“ –

                            -Schluß-

                                                        Er selber sagt zu mir:

Zweifle keinen Augenblick, daß du an mir nicht einen gnädigen Richter finden wirst.

Das auf die Frage, wieso ich mich jetzt freuen darf auf mein

                                                        Ewiges

                                                                       Goldenes Jubiläum“

 

Echt Hölzl – kindlich fromm u. zum greifen anschaulich.

Diese Gedanken übersandte uns der Jubilar auf 5 maschinengeschriebenen Seiten gegen Rückschluss Ende Jänner 1944.“

(Pfarrer Johann Achorner in der Krimmler Pfarrchronik)

 

 

Die erste Seite des hier wiedergegebenen Textes aus der Krimmler Pfarrchronik

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